Spielzeit 2025
Mai 2025
Urszula Honek
Am 08.05.2025 im Literarischen Salon.
Selten hat ein Debüt in Polen so viel Aufsehen erregt wie der Roman „Die weißen Nächte“ von Urszula Honek. Nicht nur erhielt sie in ihrem Heimatland zwei der renommiertesten literarischen Auszeichnungen, den Conrad-Preis und den Kościelski-Preis. Die englische Übersetzung wurde 2024 für den Internationalen Booker-Prize nominiert. “Die intensive, traumartige Stimmung des Schauplatzes einzufangen, in dem die ›weißen Nächte‹ als Kulisse für die inneren Reisen der Figuren dienen, ist die besondere Qualität dieses Buches“, hieß es im Votum der Jury: „Es ist eine dunkle, lyrische Erkundung von Menschen, die in einer flüchtigen Welt nach Sinn und Zugehörigkeit suchen.” Tatsächlich sind es keine auserzählten Biographien, sondern eher Seelenstimmungen, die Honek in einem – ihrem? – verschlafenen Dorf in den Beskiden einfängt: Freunde, die sich aus der Schule kennen, gehen auf Arbeitssuche, zwei schon mit dem Tod im Herzen. Ein kleines Mädchen steht seiner Großmutter beim Sterben bei, ohne es zu wissen. Eine unverheiratete junge Frau, die als einzige im nahegelegenen Städtchen zur Schule gegangen ist, will mehr vom Leben, als es ihr bieten kann. Sie alle, die mit existentiellen Krisen zu kämpfen haben, lassen mit ihrer je eigenen Stimme ein erzählerisches Mosaik aus dreizehn miteinander verknüpften Geschichten entstehen. Ende Februar erschien Urszula Honeks großer, schmaler Dorfroman in der hervorragenden Übersetzung von Renate Schmidgall bei Suhrkamp, und auch die hiesigen Kritiker sind voll des Lobes. „Der Dorfroman als Anti-Idylle hat in der polnischen Literatur eine lange Tradition“, sagte Nico Bleutge im Deutschlandfunk: „Doch Urszula Honek gelingt es auf großartige Weise, andere Linien in ihre Erzählungen einzuziehen, einen Blick für Details der Psyche oder ein Spiel mit magischen Momenten.“
Der Salon mit Anne de Marcken fällt leider aus privaten Gründen aus. Tickets behalten ihre Gültigkeit, Näheres bald auch auf stadtgarten.de.
Lesen wird Anja Laïs, übersetzen Brigitte Nenzel.
08.05.25, 20:00 Uhr
Karten unter: https://www.stadtgarten.de
Moderation: Guy Helminger und Navid Kermani
Die weiteren Termine:
16.10.25 - Georgi Gospodinov (im Rahmen der lit.Cologne)
Der Bulgare Georgi Gospodinov, 1968 in Sofia geboren, ist einer der bekanntesten, am meisten übersetzten Autoren Europas. Mit seinem letzten Roman „Zeitzuflucht“ gewann er den International Booker Prize, eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Literatur weltweit: In einer Klinik der Zukunft können Demenzkranke in den Räumen ihrer Kindheit schwelgen: Jedes Stockwerk ist einem Jahrzehnt gewidmet. Doch plötzlich möchten auch Gesunde in der Klinik aufgenommen werden, und nicht nur Gesunde, sondern ganze Länder, die der Gegenwart entfliehen wollen: „Ein atemberaubender Roman aus alten Zeiten über das Heute“, jubelte DIE ZEIT, und die Times nannte Gospodinov jetzt schon einen Klassiker und seine Vision der Zukunft „einen Alptraum, aus dem Europa heute erwachen muß“. Im Herbst erscheint sein neuer Roman „Der Gärtner und der Tod“ auf Deutsch, und fast noch druckfrisch bringt er ihn mit nach Köln. Worum es geht? Soviel verriet uns Gospodinov, dass es sein persönlichstes Buch sein soll und er darin vom Sterben seines eigenen Vaters erzählt: „Mein Vater war dieser Atlas, der Tonnen von Vergangenheit auf seinen Schultern trug. Das Buch beschreibt das Gefühl, wie all diese Vergangenheit zu zerbrechen begann und mit einem leisen Knacken auf mich einstürzte.“
30.10.25 - Vladimir Sorokin
„Brisant“, „drastisch“, „schockierend“ urteilt das deutsche Feuilleton über die Romane des 1955 in Bykowo bei Moskau geborenen Vladimir Sorokin. Sein einzigartiger Stil besticht durch die feine Verwebung von hoher Literatur und Trash, von Fantasy und analytischem Realismus, von Groteske und Klassik. Und immer geht es um die nationalistische Idylle, die die Regierung Moskaus propagiert, und unter der Gewalt und Vernichtung brodelt. „Der originellste aller zeitgenössischen russischen Schriftsteller heißt seit über 30 Jahren Vladimir Sorokin“, stellte der WDR fest. Auch wenn seine Bücher in einem dystopischen postapokalyptischen Russland spielen, ist Sorokin ein Gegenwartsdiagnostiker. Es geht ihm um den Verlust von Demokratie im Hier und Heute, es geht um aktuelle Politik und Kriege. Sein berühmtester Roman, „Der Tag des Opritschniks“, hat den Status einer literarischen Prophezeiung erlangt. Sorokin verbindet darin die Welt von Iwan dem Schrecklichen mit dem Putinismus zu einer düsteren Zukunftsvision: Russland unter der Willkürherrschaft einer Geheimpolizei, an deren Spitze der allmächtige «Gossudar» steht. Der Roman, vor zwanzig Jahren geschrieben, spielt im Jahr 2027. Kein Wunder, dass Sorokin seit Kriegsausbruch im Exil in Berlin lebt, gehörte er doch zu den Unterzeichnenden des Aufrufs, die Wahrheit über die russische Aggression zu offenbaren.
Tickets für reguläre Literarische Salons: https://stadtgarten.ticket.io/
Tickets für die lit.Cologne: https://www.litcologne.de/